Dienstag, 31. Juli 2007

Der Schuh schlappt, der Fuji rockt

Zwei Konstanten gibt es hier in meinem japanischen Alltag: draußen pisst's, Laura frisst. Mein Güte. Beides in heftigem Ausmaß. Tokyo ertrinkt und ich mutiere zum Sumo, zumindest fühl ich mich grad so (ich komme von Ninas Schwiegermutters Geburtstagsessen). Die Häufigkeit meiner Abendessen in Lokalen übersteigt die, der letzten Monate, ach was sag ich, Jahre wahrscheinlich, bei weitem. Aber so ist das nunmal. Bei diesem lustigen Völkchen dreht sich alles ums Essen. Und um zu große Schuhe. Das muss ich hier mal kurz einwerfen. Eine Feststellung. Beobachtung quasi. Japaner haben eine komische Beziehung zu Schuhen. Mal abgesehen davon, dass es hier kein Mittelklassesegment gibt, denn es gibt entweder: saubillig in beschissener Qualität oder den Designerschuh zu horrenden Preisen, sind sie einfach nur: krass. Krass meist im Sinne von krass hässlich. Und, und jetzt kommt's: krass zu groß. Ich sehe hier ständig Mann wie Frau mit VIEL zu großen Schuhen. Und wenn ich viel zu groß sage, meine ich geschätzte 5 Nummern, kein Scheiß. Vorne, hinten, oben, unten: zu groß. Frauen tragen gern auch zu große Pumps und können dann -verständlicherweise-nicht in denen laufen, sondern spaggen unbehende und vermutlich von Schmerzen geplagt und auf jeden Schritt konzentriert in der Gegend herum. Gut, man kann hier Schuhe meist nur in "one size" kaufen oder in den Größen: S, M, L. Aber dennoch: freiwillig zu große Schuhe stößt bei mir auf Unverständnis. Aber ich bin Schuh-technisch sowieso voll out hier.Seit meinen ersten Tagen hier weiß ich: "Laura, es mangelt dir an hochhackigen, goldbestückten schrillen Stöckelschühchen mit pinken Schleifchen!" Aber in anderer Weise merkte ich das dann nochmal am Wochenende. Da gings zu Fujirock. Einem der ganz wenigen Festivals hier in Japan. 70% der Leute dort trugen Gummistiefel in allen Varitionen, die restlichen 30% trugen Crocs....diese komischen bunten Gummiknubbeldinger, die schlicht und ergreifend nicht schön sind.
Aber man trägt sie hier halt, weil man es halt tut, ne?! Is klar! Ich tue und tat es nicht. Ich trug Turnschuhe. Aber auf diesem Festival hätte ich vermutlich auch barfuss herumlaufen können und hätte mir am Abend noch nicht mal die Füße waschen müssen, so sauber war es da. Unglaublich. Kein Müll auf der Wiese. Gar kein Müll irgendwo. Außer in den dafür vorgesehenen Müllbeuteln. Müllbeutel, die geduldig von in Müllstationsbretterverschlägen stehenden nett lächelnden Müllmädchen aufgehalten wurden, die einem erklärten, in welchen Müllbeutel welcher Müll reinmuss. Es gab die Restmüllbeutel, die Papierbechermüllbeutel und nicht zu vergessen, den extra Müllbeutel für alle Einwegholzstäbchen (Müll, Müll, Müll). Zudem sah ich nicht einen Betrunkenen und nicht einen unter anderen Rauschmittel Stehenden...dafür sah ich wabernde Massen an schwarzhaarigen Menschen, denen es immens an Taktgefühl mangelte und dem zu Folge auch an der Fähigkeit, sich rhythmisch zu jeglicher Art von Musik zu bewegen (sprich: die können hier nicht tanzen. Selbst ein bisschen Wackeln zur Musik sieht zum schreien komisch aus). In Folge dessen fällt auch Rumgespringe, Gehopse und Ge-pogoe und von den lieben Mitmenschen auf den Händen nach vorne zur Bühen Getrage aus. Gibts nicht. Oh, nein, ich lüge: ich habe es einmal gesehen. Aber wirklich nur ein einziges Mal. Dementsprechend waren auch die extra aus anderen Ländern eingeflogenen Securities(vermutlich. Auf jeden Fall fand sich tatsächlich kein einziger Japaner unter ihnen...die Vorstellung eines breitschultrigen Japaners, der sich vehement durchsetzen kann, ist aber auch tendenziell eher witzig) eigentlich umsonst. Weil es gab nix zu schlichten. Genauso wie es nix zu verstehen gab. 90% der Ansagen internationaler Künstler blieben vermutlich unverstanden. Denn es erfolgte meist keine bis zu einer eher jämmerlichen Reaktion ("Yeeeeaaah" in geringSter Dezibelzahl) oder eben wie gesagt: Stille und sich wunderndes Raunen. Außer wenn der Bandname genannt wurde und "arigato" gesagt wurde. Das wurde verstanden. Da stieg die Dezibelzahl ein wenig. Es war zu putzig. Aber auch einfach nur sympathisch. So viele witzige, alternative Japaner auf einem Haufen sieht man selten (und Japaner mit Dreadlocks sehen echt gut aus, das muss man echt mal sagen!), alle friedlich, nicht aufdringlich, einfach die Musik genießend, nicht unangenehm betrunken und pöbelnd...es war herrlich. Ebenso wie die Warteschlangen vor den Dixiklos. Kilometerlang, aber ordentlichst aufgereiht. Ich war fasziniert. Aber erkundete trotzdem lieber das Dickicht. So viel Zeit hatte ich echt nicht. Ich musste ja von Band zu Band hetzen. Zudem war die "Location" einfach nur genial. Das Festivalgelände war riesig und in nem Skigebiet gelegen. Man musste ständig durch Wälder marschieren...immer wieder zwischendrin haben sie Lichtinstallationen in den Wald gesetzt, einen Bretterweg durch die Bäume hindurch gebaut oder Steine im Fluss zu kleinen Tierchen angemalt (klingt kindisch, aber ich fand's echt schön). Es gab immer wieder Neues und Kleinigkeiten zu entdecken. Fazit: toll.














Da meine Begleiter schon etwas betagter waren (sie mögen mir diese Aussage verzeihen), wurde nicht auf dem (vermutlich ebenso blitzsauberen) Zeltplatz genächtigt, sondern in einem Nachbarkaff in einer uralten, schrulligen, typisch japanischen Pension. Mit typisch japanischem Frühstück. Ich bin's ja mittlerweile gewohnt, mir Unbekanntes zu bestellen und unidentifizierbares Zeug zu essen....aber morgens nach dem Aufstehen geräucherten Fisch, Reis, Seetang, und so eingelegte saure Gemüsefruchtmutationen sowie Seetangtofusüppchen....das war nicht so richtig mein Ding. Ich mein, der Hunger treibt's rein, aber ich präferiere dann doch lieber ein gesundausgewogenes sowie gleichsam vitaminreiches Nutellabrötchen. Mit Schweißhandtuch bewaffnet ging's dann zu nem kleinen Spaziergang in die japanische Bergwelt. Auch da ist alles betoniert. Wie überall. Japaner lieben Beton. Sogar Holzpflöcke waren gefaket und aus Beton. Wunderhübsch. Aber so können japanische Prollpärchen auf und in hochhackigen und natürlich zu großen Schuhen gefahrfrei ihren Sonntagsausflug machen. Ich prollte fröhlich mit. Wenn auch anders (siehe Bild). Denn meine Schuhe passen ja.

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