Montag, 20. August 2007

ELVIS LEBT

...und zwar in Tokyo. Und das nicht nur einmal. Nein! Er hat sich vermehrt. Mannigfaltig mit Japanerinnen gepaart, die sofort im Anschluss kleine Nachkömmlinge auf die Welt warfen. Seltsame Japanoelvismutanten, die nun allsonntäglich versuchen, ihrem Erzeuger nachzueifern und sich aufgrund dessen regelmäßig zum Affen machen, denn sie können es einfach nicht. Weil: sie sind japanisch und das ist quasi gleichzusetzen mit: "nicht tanzfähig". (Ich habe bisher eine Ausnahme gesehen, aber der hat geübt! Denn der hatte Breakdancebewegungen drauf). Dumm nur, dass sie nichts anderes machen als zu tanzen. Singen wäre auch ein bisschen zu viel verlangt, wenn man doch einfach volles Equipment (Generator, Verstärker, Stereoanlage, Boxen und - wichtig - KAMM) mitbringen und vor dem Parkeingang platzieren kann! Ihr denkt sicherlich schon längst: "die Roora, die hat doch nicht mehr alle Tassen im Schrank", aber nein, alles ist so geschehen, alles in echt mit Roora-Augen gesehen. Aber nun von Anfang an.
Es ist Sonntag und Laura macht sich auf den Weg zum Yoyogipark in Harajuku, weil da wohlweislich die Spinner ihren Auslebetag haben und mir wurde von mysteriösen Elvis-Doubles berichtet, die ich mir natürlich nicht entgehen lassen kann und daher: ab dafür...und mitten rein in den Karneval, der hier jeden Sonntag stattfindet und dergestalt abläuft, dass sich japanische Teenies in bescheuerte Freak-Klamotten schmeißen, sich auf eine Brücke setzen und von Touristen und Mit-Japanern fotografieren lassen. Ich kann das aber nur schwer mitmachen, also mich hinstellen und offensichtlich ein Foto von Mädchen machen, die sich komplett in Stoff gewickelt, mit Kunstblut beschmiert und das Gesicht bei über 30 Grad und90% Luftfeuchtigkeit komplett weiß geschminkt haben. Ich schieße also eher heimlich Fotos und versuche den Gedanken aus dem Kopf zu kriegen, wie deutsche Großeltern wohl reagieren würden, wenn das Enkelkind in Blutmumienoutfit zum Sonntagsbraten erscheint, weil es danach noch auf eine Brücke in einen Park geht um sich dort von wildfremden Menschen fotografieren zu lassen. "Allmächd naaa, muss des wärglich sein, Kind?!" "Ja, Oma". Na bitte! Ich hab genug gesehen und folge wie in Trance lauter Musik als mich plötzlich ein Jüngling anspricht: "Hello. Nice to meet you. I'm (name vergessen). What's your name? Are you alone? Are you going into the park" Na hoppla, das sind aber bisschen viele Fragen auf einmal. Was sagt man da am schlauesten...hmm..starten und enden wir mal direkt: "Yes, hi. Nice to meet you. Park, yes and I have a boifurendo. Bye!" - "Oh will go with you" - "Äh...no. I'll go A-L-O-N-E!" Irgendwann hat man ja einfach keinen Bock mehr freundlich zu sein. Der Scheiß ist mir nämlich hiermit zum 4. Mal passiert und es nervt! So...den hätte ich also abgeschüttelt. Ich folge also weiter meinem Hörsinn und finde mich plötzlich zwischen Essensbuden und mehreren Bands wieder, die mit voller Ausrüstung alle 5 Meter aufgereiht sind und Konzerte geben, die kaum einer wirklich hören kann, denn es sind sehr viele Bands, die sehr laut spielen und nur sehr kleine Abstände zwischen sich haben. Das lässt sich schwer trennen im Ohr. Trotzdem ganz cool so an sich. Vor allem der Gitarrist, der herumwackelt und -springt das Gesicht verzieht und beinahe sein Instrument zerstört als ginge es um den ganz großen Plattenvertrag. Und dann...mitten im Musikbrei...erblicke ich ihn: ELVIS! Und gleich daneben: ELVIS! Und hey daneben noch viel mehr Elvise! Geilo! Alle in komischen schwarzen Lederhosen und Unterhemden. Mit Rockerstiefeln. Vielleicht also eher eine Mischung aus Elvis und Rockerbilly. Aber die Frisur ist eindeutig Elvis! Und die Elvisse kleben gerade ihre Schuhe mit Klebeband. Das heißt, sie erweitern ihre Klebebandbatzen um ihren Füßen mit noch mehr Klebeband zu Klebebandklumpen. Aus den Verstärkern dröhnt wild durcheinander ohrenbetäubende Musik, denn auch hier gibt es mehrere Gruppen, die um die Gunst des herumstehenden und verlegen grinsenden Publikums buhlen. Kurz werden noch die Tollen mit dem Kamm gerichtet und die Spraydose leergesprüht und dann kann die Show endlich beginnen. Nunja, "Show". Die besteht im Grunde genommen nur daraus, dass diese lustigen Menschen sich im Kreis aufstellen und tanzen. Mit Hingebung tanzen. Sie schwingen Beine und Hüfte, sie schnippen mit den Fingern, tänzeln von einem Fuß auf den anderen und strapazieren ihre Außenbänder, schmeißen sich auf den Boden, werfen sich in den Mogelspagat, rutschen voreinander her und schmettern die Luftgitarre...aber wichtig: dies alles nicht im Takt. Klar, denn es sind ja Japaner. Das heißt in ihren Wurzeln. Augenscheinlich sind sie Elvis. Und ihre Mädels sind ihre Groupies, die in ebenso passendem Outfit gelangweilt guckend daneben sitzen. Man kann auch nicht genau ausfindig machen, ob sie ihre Männer nun gut finden oder sich für sie schämen. Würden sie sich die Gesichter des Publikums genauer ansehen - vor allem die der Ausländer - würden sie vermutlich letzteres tun. Man kann hier nämlich herrlich Mimiken von peinlich berührt, fassungslos dreinschauend, über schallend lachend, bis hin zum entsetzten Kopfschütteln finden. Ich selbst bin gemischtgefühlig angesiedelt. Ich komme aus dem Grinsen nicht mehr raus, finde es toll, dass man so was zu seiner Passion macht und auslebt und gleichzeitig empfinde ich auch tiefes Mitleid, da ich denke, dass sie sich bestimmt cool fühlen mit dem was sie machen, aber die Leute eigentlich nur kommen, um sie zu belächeln. Hach...und hatte erwähnt, dass die Musik grauenerregend ist? Japanische 50er / 60er Pseudorockswingwieauchimmermusik. Oder aber mittendrin originale Elvissongs vermutlich noch auf Kassette aufgenommen und das wiederum vom Plattenspieler und das wiederum auf Cd gebrannt. Die Tonqualität ist verheerend. Aber hauptsache laut. Und als plötzlich der einzig Glatzköpfige Elvis direkt vor mich schliddert weiß ich auch, warum seine Schuhe mittlerweile gänzlich aus Gaffatape bestehen. Schlidder schlidder rutsch rutsch. Das hält selbst der beste Schuh nicht lange durch.

Donnerstag, 16. August 2007

Hitzefrei

Da ich zwei Tage frei habe, machten mein Fächer und ich heute einen Ausflug. Ich wollte der japanischen Dauerbeschallung entgehen und suchte Ruhe in der Natur. Ich führte ihn also in den Ueno Park aus, zeigte ihm einige Schreine und Tempel und spendierte ihm anschließend einen Besuch im Zoo. Ich wollte ihm eigentlich das angebliche Pandakind vorführen und ihm klar machen, dass er sich diese dumme kleine weiße Knut-Bärenbratze endlich aus dem Kopf schlagen soll, aber ich musste feststellen, dass es gar kein Pandababy zu sehen gab. Nur ein alter fauler schwarzweißer Bärensack lag da auf seinem Plateau und drehte sich schläfrig von einer Seite auf die andere. Wie öde. Naja. Verständlich aber bei den Temperaturen (35Grad, gefühlte 60). Ich lag danach ähnlich auf dem Sofa. Mein Fächer wollte sich noch andere Tiere anschauen, ich sagte: nur wenn du mir ne kleine Brise gibst, was er tat und so entdeckte ich einmal mehr meine Vorliebe für hässliches Getier à la Tapir, Okapi und so weiter und so fort. Aber gut, Zoo ist halt Zoo. Da braucht man nicht viel drüber berichten. Ich lad mal lieber paar Bilder hoch, damit man mir auch tatsächlich glaubt, dass ich hier noch anderes tue als shoppen und trinken. Hier:













"Nun setz dich schon neben das Vieh und mach ein dummes Gesicht, dann kriegst du auch ein Eis"









































































Der Kleine kleckert so arg...

Sonntag, 12. August 2007

Bildchen















Schwarzweiße Sauerei...


















...gefolgt von meinem Lieblingsrosakleidchengeschäft...














...direkt neben dem Laden wo ich meinen Schmuck kaufe, meinen rosa Schmuck....


















...wenn ich nicht gerade ein bisschen Architektur anschaue...














...oder mit 10000 Japanern eine Straße überquere...


















..oder im Bus auf solchen Sitzbezügen sitze...


















...oder Tempelbegrenzungssäulchen im Kontrast zu....


















..einer "Statue" in Harajuku fotografiere, die bestimmt genauso historisch wertvoll ist wie vorangegangenes Tempeldings.

Schlaf und Strand oder auch Schlaf am Strand

Ich kränkel. Das heißt ich habe Erkältung und Schnupfen in einem Land, in dem Schneuzen verpöhnt ist. Rotz hochziehen ist angesagt. Wunderschön. Jede deutsche Mutter würde die Nase rümpfen ob meiner schlechten Erziehung.
Entweder rafften mich die oft zu kühlen Klimaanlagen (außer die im Büro natürlich, die funktioniert nicht richtig) dahin oder der Freitag Abend.

Da war nämlich großes Hannabi (1 1/2 stündiges Feuerwerk, zu dem man meist in Yukata geht...hahaaaa, ich aber diesmal nicht) in Kamakura angesagt. Ich ging extra eher aus dem Büro und traf die Schwester im Zug. Wir wollten zu irgendwelchen Freunden von ihr auf irgendeinen sagenhaften Aussichtspunkt nachkommen, mit Picknick und so. Die ausgedruckte Beschreibung war ellenlang. Schon bald lösten wir uns vom Strom der trippelnden Yukatapeople (geschätzte 300.000) und gingen in die genau entgegengesetzte Richtung, was mir schon spanisch vorkam, um uns dann schließlich in einem Waldstück am Arsch der Welt wiederzufinden. Gut, dass wir keine Taschenlampe dabei hatten, sonst hätten wir ja etwas sehen können. Und das braucht man ja nun wirklich nicht. Also ab dafür in den Urwald. Dschungeltemperaturen herrschten. Wir befanden uns plötzlich auf einem matschigen Weg, der so schmal und so steil war, dass er defintiv nicht offiziell sein konnte. Mein Japanohandy funzelte uns den Weg. Meine Stoffschühchen waren bald matschverschmiert, die Haare nassgeschwitzt, ich hatte ja noch eine schwere Tasche umhängen (Gepäck für ein Wochenende), die Schwester schleifte ich hinter mir an meinem Händchen her, sie kicherte verlegen (wohl, weil sie uns in diese blöde Situation gebracht hatte) "huuuch, nun sag doch, dass da ne Stufe ist....uuuuuhh, ein Brückchen", die Feuerwerkskörper böllerten noch immer in weiter Ferne, mit jedem Schritt durchs Dickicht wurde die Chance geringer, noch wenigstens eine Rakete in den Himmel steigen zu sehen, Schwesterchen am Händchen hinter mir wollte schon das mitgebrachte Picknickbrot à la Hänsel und Gretel streuen, um uns - für den Fall, dass wir nicht richtig waren - den Rückweg zu sichern (wäre aber auch unnütz gewesen, war ja stockfinster), Moskitos freuten sich über mein Blut und stachen fröhlich auf mich ein...so ein deutsches Festmahl kriegt man nicht alle Tage (mein Körper: eine Hügellandschaft), Pflanzen versperrten uns den Weg (Machete hatten wir zufällig auch keine dabei), Spinnennetze legten sich um unsere Hände, Wurzeln liesen mein Schwesterchen hinter mir straucheln und dann endlich....vernahmen wir Stimmen. Wir waren angekommen. Nach eineinhalb Stunden Fußmarsch, wahrhaft feuchtfröhlich durch den Urwald. Da, huiiiiii, eine Rakete am Firmament. Die letzte des eineinhalbstündigen Feuerwerks. Na prima. Kurze Zeit später (ca. 30Minuten) ging es dann den gleichen Weg wieder zurück. Ein wirklich schöner Freitagabend. So entspannend. Und auch so abwechslungsreich. Wenn sich die Tortur mal nicht gelohnt hat. Anschließend empfing Gipsy mich vollkommen erschöpftes Wesen, gab mir Dusche, Trinken und Sofa und ich entschlief sofort in einen 12 stündigen Schlummer. Zwischen schlafen und essen schoben wir am Samstag noch einen kleinen Ausflug zum Strand ein. Ich schaute ein bisschen den japanischen Surfern zu. Aber die sind leider so dürr, da schaut man nicht gern lange hin. Ein Feuerwerk an Lebendigkeit war ich an diesem Wochenende. Aber trotzdem schön war's, wenn auch immer noch triefnäsig. Schnief.

Sonntag, 5. August 2007

Traditionelle Peinlichkeiten

Es war mal wieder Wochenende. Hier die unumgängliche Berichterstattung.
Freitag:
Partyabend mit Shima. Erst essen, dann Sake-Bar, dann komische Bars mit Tanzflächen in Roppongi. Wohlweislich das internationalste Viertel in Tokyo, was zu Folge hatte, dass ich lauter (man verzeihe mir dies) typisch wahrscheinlich amerikanische Assis gesehen habe, bei denen ich mich gefragt habe, was sie hier wohl tun außer nachts in Roppongi Asiatinnen anzugraben und abzuschleppen. Ich war froh als wir da raus waren und in ein Karaoketeil gestolpert sind, wo wir dann fröhlich zu dritt zu den Spicegirls-Klassikern und Whams "Last Christmas" geträllert haben. Das war ein Spaß. Das alles um 4 Uhr, irgendwann um 5 lag ich im Bett und verbrachte nachfolgenden Tag mit erneuten Sake-Kopfschmerzen bis Spätnachmittags in ebendiesem (ich würde ja gerne nein sagen. Aber sie bestellen immer für mich mit und dann - schwupps - steht ein hübsches Tablett mit Teeservice vor mir, womit ich mir aber keinen Grüntee zubereite, sondern Sake).
Samstag:
Als ich mich dazu in der Lage fühlte, aufzustehen und zu bewegen, tat ich dies und machte mich auf den Weg nach Akihabara um Geld auszugeben. In Tokyo ist es üblich, dass sich Geschäfte spezieller Branchen in einem Viertel anhäufen. Ob das Geschäftsfördernd ist, weiß ich nicht. Auf jeden Fall wollte ich Ipod-Shopping betreiben und machte mich deshalb auf nach Akihabara, weil da die Elektronikgeschäfte versammelt sind. Das Schild in der Ubahn sagte alles: "Akihabara Electronic Town Exit". Da ging ich raus, erlitt einen Elektronikbranchen-düdeldüdelringringdingeldingel-schrilleneonbeleuchtungs-marktschreiergebrüll-Schock und ließ allein schon um da so schnell wie möglich wieder weg zu können (ich war ja immernoch verkatert und reagierte empfindlich auf Geräusche und Lärm) mein Geld. Jetzt hab ich einen Ipod und eine Sony-Computermaus, die wie ein kleiner niedlicher Abkömmling meines Laptops aussieht (ich konnte da nicht vorbeigehen, ich hab sie sofort lieb gewonnen, als ich sie erblickte). Dann fuhr ich weiter nach Shibuya um noch mehr Geld zu lassen.
Sonntag:
Bisher eher weniger peinlich, dafür kommt's jetzt dicke. Heute habe ich mir ein großes Loch herbeigesehnt. Zum einen weil's da drin bestimmt kühler gewesen wäre als überall sonst und zum anderen, weil ich da einfach gern reinverschwunden wäre aufgrund Unwohlfühlens.
Ich fange mal von vorne an: Ich hatte heute wohl so was wie ein Date. Mit einem Freund von Shima, den ich an diesem beschriebenen Freitagabend kennengelernt habe. Problem daran: ich konnte mich eher wenig daran erinnern, ihm meine Nummer gegeben zu haben (und war etwas überrascht über den Anruf) und ich hatte das übliche Problem: ich wusste nicht mehr, wie er aussieht. So. Nun wollte mich dieser Herr also auf ein japanisches traditionelles Straßenfest mitnehmen, bei dem man wohl Yukata (Sommer-Kimono) tragen muss. Na bitte. Ich versuchte ihm schon am Telefon klar zu machen, dass ich Europäer im Kimono ziemlich panne finde, aber er war nicht davon abzubringen.
Ich bin ein guter in scheiß-Situationen-Bringer, aber ein dafür doppelt so schlechter Nein-Sagen-Könner.
Also stand ich da heut an der Bahnstation und war nach 10 Minuten an der Luft so nassgeschwitzt als hätte ich mich nach dem Duschen nie abgetrocknet, als da plötzlich ein junger Mann auf nem typisch Tokyoter Assi-Motorrad angefahren kam...mit Feinrippunterhemd und diesen saublöden Motorradhelmschalen, bei denen man auch gleich gar nichts auf den Kopf setzen könnte. Um Himmels willen. Das war dann wohl meine Verabredung. So schlecht sah er aber nicht aus. Für nen Japaner ganz cool eigentlich. Ich war ein wenig beruhigt. Also setzte ich mich auf dieses Motorradteil und wurde durch Tokyo gebraust. Schnell, chaotisch und unkontrolliert. Ich hab einfach die Augen zugemacht.
Eine Stunde später habe ich sie aus purer Beschämtheit à la "seh ich dich nicht, siehst du mich auch nicht" zugemacht. Wir waren nämlich Yukata-Shoppen. Ein schwieriges Unterfangen. Denn überall wo's vor kurzem noch billige gab, gab's heute keine mehr und wir mussten bei unerträglicher Hitze ewig herumschlappen um schließlich noch Restbestände (was zur Folge hatte, dass es ein echt hässliches Teil wurde) abzugreifen. Der junge Mann zahlte (krass) und ab ging's in die Umkleidekabine. Er sagte, das wäre wie ein Bademantel, einfach anziehen und ab dafür. Ha, von wegen. Ich hatte im Internet recherchiert und bekam leichte Panik. Männer-Yukatas, jaaa, die funktionieren so. Er war also schnell fertig. Ich nicht. Mir hat er dann irgendwann ne Verkäuferin in die Umkleide geschickt, die 15 Minuten an mir herumnestelte, während ich fröhlich vor mich hinschwitzte und mich kurz vor dem Kreislaufkollaps befand, da sie gerade damit beschäftigt war, mir mit dem Korsett-artigen Gürtel die Luft abzuschnüren. Als ich diese unangenehme Situation endlich überstanden hatte und mich tausendmal bedankt und entschuldigt hatte (hier das gleich Wort: "sumimasen", das kann ich, das sagt man dauernd), sah ich mich mit Minischritten und endsgeradem Rücken hinter dem mit großen, freien Schritten voranschreitendem Herrn Tatsu (der sein Traditionsgewand eher untraditionell mit Stars&Stripes-Flipflops und Basecap kombinierte um sich anschließend noch die Ärmel bis zur Schulter hochzukrempeln. Blöder Sack, bei mir war das nämlich unmöglich) zum Motorrad trippeln. Trippeltrippel. Hechelhechel. Schnappatmung. Und dann: zwei Affen mit Yukata-Dress aufm Motorrad. DANKE! Danke dafür, dass ich mich endlich so blöd aussehend meinen Mitmenschen präsentieren durfte.
So gings dann nach Ginza. Das teuerste Viertel hier. Und die bekannteste Einkaufsstraße. Das war das positive, da war ich nämlich noch nicht. Die Straße war gesperrt. Und ein paar Leute liefen darauf herum. Einige auch in Yukata. EINIGE. Unter diesen einigen: ich. Von wegen, da muss man so herumlaufen ("at least it's highly recommanded"), Aff! Oberaff! So...also das Festival. Ein paar Leute auf der Straße. Ab und an ein Plastikstuhlsitzgrüppchen mitten auf der Straße. Drei Pavillions mit Tombola (ich hab nen Fächer gewonnen...den ich gleich so was von benutzt habe). Und alle 50 Meter ein Plantschbecken und einige mit Wasser gefüllte Holzschalen. Meine Begleitung hat sich zu diesem Zeitpunkt schon mehrmals (ZU RECHT) entschuldigt, dass er sich vielleicht bissl besser hätte informieren sollen über dieses Festival-Ding. Bei mir hatte da aber schon lange die Wurschtigkeit und die daraus folgende Ironie eingesetzt. Gemeinsam sarkastische Witze reißen war die logische Folge und durchaus unterhaltsam. Galgenhumor nennt man so was wohl. Bei jedem Geschäft haben wir zudem ne kleine Klimaanlagenerfrischung genossen bis dann der Höhepunkt dieses Feuerwerks an Spektakeln kam: Menschen stellten sich in einer Reihe auf. Es wurde heruntergezählt durch die japanisch allseits beliebten Lautsprecher, durch die vorher noch ein Lied schalmeihte...dingel dingel klingel klingel bimmel bimmel ("spritzt Wasser auf die Straße, spritz Wasser auf die Straße" war der Text wie mir übersetzt wurde) -SPANNUNG PUR . Und dann...WOW....schütteten und spritzten sie das Wasser tatsächlich auf die Straße. Absout abgefahren. So was geiles hab ich im Leben noch nicht gesehen. Aber hey...keine Späße über Traditionen fremder Länder....das Ganze bringt nämlich Glück, hab ich mir sagen lassen. Aber damit kein Trinkwasser verspritzt wird, wurde vorher achttausendfünfhundertmal durch die geliebten Lautsprecher durchgesagt, dass das Wasser aus der Kanalisation stammt (so zumindest hat es Tatsu übersetzt. Wahrscheinlich hat er das nur getan, weil er meine nach einer Wasserschlacht lechzenden Augen gesehen hat). Als wir dann endlich in nem klimatisierten Café saßen und ich mich mit Eis vollstopfen konnte (ich arbeite ja noch immer an meiner Sumo-Karriere), fragte er, ob ich nicht doch mit zu seinem Basketballspiel kommen wollen würde. Zwar würden sich seine Mannschaftskollegen nicht mit mir unterhalten können, weil keiner Englisch könne, aber er würde bestimmt besser spielen, wenn er ein Mädchen dabei hätte, na das hatte er mir ja vorher schon geschrieben. Da hatte ich aber dankend abgelehnt. Und hach, wer könnte da ein zweites Mal nein sagen...?!?!.....ICH. D.h. ich hätte gekonnt. Normalerweise. Ich sehnte mich nämlich nach einer Dusche. Und das, seit ich morgens das Haus verließ. Aber die Aussicht alleine, ohne den auch im bescheuerten Traditionsgewand herumlaufenden Tatsu mit der Bahn heimfahren zu müssen fand ich schlimmer als nochmal die Peinlichkeit auf dem Motorrad zu teilen. Und ich dachte es würde sich bestimmt irgendwo ne Toilette zum Umziehen vorher finden lassen. Pustekuchen. Ich sagte also allen coolen Basketballfreunden in diesem scheiss bunten Bademantel hallo. Herrlich. Aber dann: ab auf die Toilette und raus aus dem Ding. Und erstmal durchatmen. Atmen kann man darin nämlich genauso schlecht wie laufen. Und dieser Gürtel mit der riesen Schleife auf dem Rücken lässt einen schwanger fühlen und schwanger verhalten. Dauernd streichelt man sich den Bauch und so. Warum auch immer. Ich war auf jeden Fall saufroh da endlich rauszukommen. Und dann hab ich dem jungen Mann beim Verlieren zugeschaut. Und mich köstlich über die wahrhaft riesigen japanischen Basketballer amüsiert, während ich mich hübsch mit meinem Tombolagewinn befächerte und in den Auszeiten auch sie, was wohl meine Art war mit ihnen zu kommunizieren. Jetzt hab ich Handgelenksmuskeln/Tennisarm, denn sobald man mit der Wedelei aufhörte, setzte sofort der Sturzbach ein. Es war widerlich. Zum Ende hin wurde ich hübsch zum Taxi geleitet und tat Entschuldigungen über den misslungenen Tag ab. Mal im Ernst. Ich musste noch nicht mal lügen. Irgendwie war's ja auch witzig. Und mal wieder unter der Rubrik "Erfahrungen" abspeicherbar. Nur dieses Gewand war unangenehm. Aber im Endeffekt ja auch wieder lustig zu sehen. Und ich hab ein Faschingskostüm for free. Dann wurde das Taxi herangerufen, dem Fahrer gesagt, wo ich hingebracht werden soll, bezahlt und die Tür hinter mir geschlossen. Ich mag diese altmodischen Höflichkeiten irgendwie. Wenn's auch unangenehm ist, alles gezahlt zu kriegen. Aber das ist hier irgendwie so und muss akzeptiert werden wie das Yukata-Tragen auf langweiligen Straßenfesten.

Donnerstag, 2. August 2007

Parlez-vous francais?

"Hai hai" würde da mein Kollege Keita mit stolzgeschwellter Frankreichfanbrust sagen und in Folge dessen versucht, ab und an ein wenig die französische Sprache zu benutzen. Seinen Wissensstand diesbezüglich konnte ich noch nicht so recht einschätzen. Mein eigener ist geschrumpft, das weiß ich seit der 12. Klasse Französisch-LK, in der er eigentlich hätte steigen müssen. Dennoch kann ich wohl immer noch ein bisschen mehr. Und dennoch hat es lange gedauert und dreimaliges Nachfragen gebraucht bis ich beim ersten Mal seine "on va manger"-Aufforderung zur Mittagspause verstanden habe. Japanisches Französisch ist nämlich genauso schwer verständlich wie japanisches Englisch.

Nun zur heutigen Anekdote.

Kurzbeschreibung:
Ich sollte mal wieder ein Haus entwerfen. Seit 2 Tagen versuchte ich mir Ideen aus dem Hirn zu saugen. Ich fand alle Entwürfe scheiße. Musste sie aber trotzdem präsentieren heute. Mein Chef fand sie wohl nicht so schlimm wie ich. Zumindest hat er das in Englisch gesagt. ("Roora, ju gat gudd eidiiis. Ju häff gudd bräiiin") Was er zu den anderen in Japanisch gesagt hat, wird mir wohl auf ewig unbekannt bleiben, aber das macht nichts, ich freue mich einfach über mein gutes Hirn. Besprechung. Chef labert und labert. Bei jedem Mal Deuten auf einen meiner Entwürfe rutscht mir das Herzlein in die Hose. Chef sagt irgendwas abschließendes japanisches und schaut dabei in die Runde. Plötzlich springen alle auf. Die Besprechung ist offensichtlich beendet, also springe ich mit auf. Chef sagt, Keita soll übersetzen. Keita sagt "Bon collage". Chef wiederholt "Bon collage". Chef schaut Laura stolz grinsend und fordernd an. Laura schaut blöd und grinst aus einer Mischung aus Höflichkeit und Verlegenheit noch viel blöder zurück. Bon collage?...gute Collage?...hä? Ich sollte dringend mal wieder mein Französisch aufbessern...Noch während ich grübelte und mich wunderte kam die entblößende Frage: "Hau du ju säiii in Dschömännni?" - "Äääähhhhhhh....." (schnell was zusammenreimen, Kombinationsgabe ist gefragt, dann der Geistesblitz: kannste ja sagen wasde willst, checken die doch eh nicht...haha) "Ääääh, we say Gutes Gelingen" - "Ahhhh...so desu ka?! Guuuudeeeesss Geliiiinjen" - "Hm ja, exactly. Great."

http://www.leo.org/, mein bester Freund, löste -zurück am Computer- schließlich auf: "Bon courage". Oh Mann....Aber gut geraten. Ich bin ein prima Bluffer geworden.

Dabei hätte ich's ahnen müssen. Kurz vorher als ich meine Entwürfe erklärt habe, habe ich diesbezüglich noch einen Geniestreich an Kombinationsgabe geleistet.
Sitation wie folgt. Ich erkläre der Runde: Die Elemente des Hauses sind ineinander verschachtelt. Das Vorbild für die Gestaltung: "Tetris". Fragende Gesichter schauen in meine Richtung.....Was is los? Wir sind hier doch in Japan...Land der Technik...Land der unnützen Computerspiele...Land des Nintendos... "Tetris. The famous Nintendo-game?!" - "Teeetrrrliiiss?" fragen mich vier verstört dreinblickende Gesichter. Was nun? Daaa isser, der Gedankenblitz: Sprich es einfach scheiße aus und mache sinnlose Vokale dazwischen. Los jetzt! - "Ähm, Teturiso?!?!" - "Aaaahhhh. Sososososososo. Teturiso. Aaah. Hai hai."

Ich war sehr stolz auf mich, aber es verursacht mir körperliche Schmerzen, so zu sprechen.